Donnerstag, 22. April 2021

Nähen mit Leinen, eine Buchvorstellung

Der EMF Verlag hat mir das Buch zur Rezension zur Verfügung gestellt.

Ich liebe Leinen. Ich mag die guten Trageeigenschaften, die Haptik und die Tatsache, dass Klamotten aus Leinen mit der Zeit immer mehr Persönlichkeit bekommen. Leinen lässt sich sehr gut nähen und mit den steigenden Temperaturen ist Stoff aus dieser Pflanzenfaser die perfekte Wahl für schöne Nähprojekte. 

Leinen knittert edel

Im Gegensatz zu Baumwollgeweben knittert Leinen auf eine sehr charmante Art und Weise. Während Baumwollstoff nach dem Tragen meist einfach knitterig aussieht, bilden sich bei Leinenstoffen schöne weiche Tragelinien, die für mich lässig, aber nicht ungepflegt wirken. Diese Tragepatina ist einfach unvergleichlich schön.

Der richtige Schnitt für Leinenstoffe

Damit der besondere Charakter von Leinen auch wirken kann, sollte natürlich auch der Schnitt so gewählt sein, dass die Optik nicht unpassend wirkt. Ideal sind Schnittmuster mit einer gewissen Lässigkeit. Mittlerweile gibt es einige Nähbücher auf dem Markt, die sich mit dem Thema "Nähen mit Leinen" befassen. Eines davon hat mir der EMF Verlag zur Rezension zugesand und ich möchte es Euch kurz vorstellen und mein Fazit dazu ziehen.


Titel und Aufmachung fand ich auf Anhieb sehr ansprechend- das Buch wirkt auf den ersten Blick schön frisch und modern, auch wenn ich langsam müde werde, dass alles den Zusatz "der Nachhaltigkeit" verpasst bekommt... Das Buch enthält 14 Nähprojekte, wobei da dann auch schon die Schnittvarianten mitgezählt sind. Top, Rüschentop und Kleid sind z.B. der gleiche Schnitt, der sich nur über die Länge unterscheidet. Trotzdem werden die Schnittbögen mit jeweils einem eigenen Schnitt pro Modell gefüllt, was die Orientierung auf den drei Bögen leider nicht übersichtlicher macht. Auch die Schnitte von "Oversize Kleid Hilda" und "Oversize Bluse Emilia" scheinen sich nur durch AuschnittVarianten bzw. die Ärmellänge zu unterscheiden. Die beiden Rockmodelle bestehen nur aus gerade Teilen- da braucht es eigentlich auch nur einen Schemaschnitt. Mit Augenmerk auf Nähanfänger macht natürlich ein Schnittmuster mit Passzeichen und Markierungen z.B. für die Falten schon Sinn. 

Tipp: Unbedingt dünnes Schnittmusterpapier zum Abpausen verwenden- so ist es leichter die feinen Linien zu sehen und nicht versehntlich ins falsche Modell abzurutschen. 

Die Anleitungen

Während die meisten Modelle ziemlich Basic sind, sticht der Blazer Wilma als aufwänigeres Projekt hervor. Vor allem, weil seine Innenverarbeitung besonders schön ist. Alle Kanten sind mit Schrägband eingefasst, was das ungefütterte Modell sehr aufwertet. Für die Verarbeitung gibt es einen allgemeinen Teil mit Tipps und Tricks und jedes Modell hat dann nochmal Fotos zu den Anleitungsabschnitten. Hier finde ich das Layout leider wieder mal nicht sehr gelungen. Text und Bilder sind getrennt voneinander- das mag ich einfach nicht. Ich hatte es schon bei diversen Büchern aus dem Verlag kritisiert- die Anordnung entspricht nicht dem normalen Lesefluss. Dazu kommt, dass die Details der Bilder wieder einmal kaum zu erkennen ist. Das liegt absolut nicht an der Autorin und Ihren Bildern, sondern ist einfach der Tatsache geschuldet ist, dass die Fotos viel zu klein abgebildet sind und wohl auch im Druck ziemlich Kontrast eingebüßt haben. Nähte und Details sind extra in Kontrastfarbe ausgeführt, aber im gedruckten Buch wirklich schwer auszumachen.


Ein paar kleine Fehler habe ich beim Schmöckern leider auch schon ausmachen können. Es sind nur Kleinigkeiten, aber aus Erfahrung weiß ich, dass es besonders Anfänger sehr verwirren kann, wenn z.B. in einer Anleitung steht "links auf links" - doch der notwenige Hinweis WARUM fehlt (in diesem Fall eben die Tatsache, dass das Top mit "französischen Nähten" verarbeitet wird und die detaillierte Beschreibung dazu, sich auf Seite 18 befindet) Auch Vertipper bei Bluse Berit: Da verlangt die Zuschnittliste die Passe 1x. Benötigt wird sie aber in doppelter Ausführung...

Ein Leinen-Nähbuch, aber nicht DAS Leinen-Nähbuch 

Gut finde ich , dass jedes Modell eine Schnittübersicht hat- eine technische Zeichnung des fertigen Kleidungsstückes fehlt aber leider, genau wie die Angabe, auf welchem der drei Schnittbögen sich die Teile denn befinden. Der einleitende Teil des Buches bietet keine großen Überraschungen- eine kleine Übersicht zum Thema Leinen und der obligatorische allgemeine Teil zu Equipment und ein wenig Schnittanpassung. Schön ist, dass einige Verarbeitungsdetails näher gezeigt werden- ein Rückverweis hierhin bei den Modellanleitungen wäre ideal gewesen.

Was ich wirklich schade finde

Das größte Manko an dem Buch jedoch finde ich die Modellfotos. Auch wenn die Schnittmuster nämlich die perfekte Lässigkeit für das Material mitbringen, wirken die meisten der genähten und abgelichteten Kleidungsstücke gar nicht leinentypisch. Auch wenn ich ja ein totaler Bügelfan bin- so knitterfrei ist Leinen für mich einfach nicht Leinen. Mir fehlt die Lebhaftigkeit- alles wirkt steif und gestärkt (was vielleicht daran liegen könnte, dass die Autorin dazu rät, Leinenklamotten mit Flüssigstärke zu waschen)

Mal sehen, ob und wann ich ein Modell aus dem Buch nähen werde. So ein schlichtes Leinenkleid für den Sommer kann man ja immer brauchen. Wenn ich mich entschieden habe, werde ich es natürlich hier vorstellen und natürlich wird es echten "Leinen-Charme" haben...

NACHTRAG Ende Mai 2021: Ich habe mittlerweile die Bluse Berit genäht. Ihr könnt sie hier bewundern: Bluse Berit aus Halbleinen Ich war sehr zufrieden mit der Qualität des Schnittmusters :)

Details zum Buch findet Ihr HIER direkt beim Verlag

Wie steht Ihr zum Material Leinen? Große Liebe und perfekter Sommerstoff? Erzählt doch mal- ich bin sehr neugierig, ob ich alleine bin mit meinem "Ich mag Leinenknitter"...